Würzburg – „Egal ob Mailand oder Madrid, Hauptsache Italien“ – Fußballzitate wie jenes von Andi Möller prägen noch heute das Bild vom Widerspruch zwischen Fußball und Intelligenz. Mittlerweile achten Bundesliga-Vereine jedoch auf den Schulerfolg ihrer Nachwuchsspieler. Und eine Studie der Universität Würzburg zeigt, dass viel Fußball mit besseren Schulnoten einhergeht. Der Bildungsforscher Heinz Reinders rät Eltern daher, Schulstress durch viel Sport zu begegnen.
Wenn also Bayerns Schülerinnen und Schüler am kommenden Freitag ihre Zwischenzeugnisse erhalten und Eltern in Panik verfallen, wenn die Versetzung gefährdet ist oder die Noten schlechter ausfallen als erhofft, sollte die elterliche Devise nicht lauten: „Mehr büffeln!“ Und schon gar nicht sollten sie die Freizeitaktivitäten ihrer Kinder einschränken oder gar ganz streichen.
„Das ist zumindest für den Sport grundlegend falsch“, kommentiert der Würzburger Bildungsforscher Professor Heinz Reinders diese Reaktionen der Eltern. Zwar sei verständlich, dass Eltern auf die Schulleistungen ihrer Kinder achten, aber der Entzug von Sport am Nachmittag verschlimmere alles nur noch, wie eine neue Studie belegt. „Wir können in unserer Studie bei Nachwuchstalenten zeigen, dass intensiver sportlicher Ausgleich am Nachmittag mit besseren Schulnoten einhergeht“, so Reinders.
Bessere Noten in Mathe und Deutsch
Die Würzburger Forscher haben bei insgesamt 235 Vereinsfußballerinnen und -fußballern im Alter von 15 und 16 Jahren die wöchentliche Sportzeit sowie die Schulnoten gemessen. Die Ergebnisse zeigen, dass Jugendliche mit intensiver sportlicher Aktivität sowohl in Mathematik als auch in Deutsch bessere Noten haben. Während zum Beispiel Jungen mit wenig Sport am Nachmittag in Mathe die Durchschnittsnote 3,5 erzielen, erreicht ihre Vergleichsgruppe mit Intensivsport die Note 2,9. Auf höherem Niveau zeigt sich dieser Notenunterschied auch bei den jungen Fußballerinnen. Intensivsportlerinnen schaffen in Mathe eine 2,3 und sind damit den weniger sportlich aktiven Mädchen um eine halbe Note voraus. Das entspricht in etwa dem Wissen eines halben Schuljahres.
Das gleiche Bild findet sich auch im Fach Deutsch. Auch hier zeigen Spielerinnen und Spieler mit intensivem Freizeitausgleich deutlich bessere Leistungen. Dabei macht es bereits einen Unterschied, ob die Mädchen und Jungen wöchentlich mehr oder weniger als fünf Stunden Sport treiben. Auf der Suche nach Gründen für diesen positiven Zusammenhang von sportlichem Ausgleich und Leistungen sind die Bildungsforscher auf zwei Erklärungen gestoßen.
Sport begünstigt die Intelligenzentwicklung
Erstens sind Intensivsportlerinnen und -sportler bereits von Kindesbeinen an aktiv. Gerade viel Sport und Bewegung in der Kindheit begünstigen die Intelligenzentwicklung. Zweitens schulen die Nachwuchstalente bei intensivem Fußball-Training ihre Agilität, also ihre kombinierte Fähigkeit einer schnellen Auffassungsgabe und Bewegungsschnelligkeit. „Je intensiver die Jugendlichen Fußball spielen, desto besser werden auch ihre kognitiven Fähigkeiten geschult. Jede Entscheidungssituation im Spiel geschieht in Bruchteilen einer Sekunde, davon profitieren die Schülerinnen und Schüler“, ist sich Reinders sicher.
Daraus leiten die Forscher ihre Empfehlung ab, Kindern schon frühzeitig Sport als Ausgleich zum Schulstress zu ermöglichen und gerade in der Jugendphase Leistungssport zu unterstützen. Im Sport erlebten die Schüler auch schneller Erfolge und lernen Teamgeist, beides sei enorm förderlich für eine gesunde Entwicklung. „Und sind wir mal ehrlich: Welcher Elternteil möchte nach acht Stunden im Job noch einen Anruf vom Chef bekommen und weitere Aufträge erledigen? Den Kindern geht es nicht anders, es muss auch mal Schluss sein mit schulischem Leistungsstress“, so der Fußball-Fan und Jugendtrainer Reinders.
Über die Studie
Das Nachwuchsförderzentrum für Juniorinnen der Universität Würzburg (NFZ) hat insgesamt 235 Leistungsfußballerinnen und -fußballer der Jahrgänge 2002 und 2003 in ihren sportlichen und schulischen Fähigkeiten getestet. Mit dabei sind Spielerinnen und Spieler des 1. FC Nürnberg, der TSG 1899 Hoffenheim, Eintracht Frankfurt und der Würzburger Kickers sowie des Würzburger FV. Weitere Ergebnisse der Studie wurden bereits in renommierten Fachzeitschriften publiziert. Das NFZ ist die einzige Forschungsstelle für den Juniorinnen-Fußball in Deutschland.
Bild: Weniger Sport und mehr büffeln? Bei schlechten Noten ist das möglicherweise der falsche Weg. (Bild: SeventyFour / Thinkstock.com)