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Eine „neue“ Galerie für Würzburg

Würzburg – „Was der Kunst gewidmet ist, würde der Wissenschaft hart entbehren“: Der Senat der Universität Würzburg machte aus seinen egoistischen Motiven keinen Hehl, als er 1831 die Gründung eines eigenen Kunstmuseums ablehnte. Die Aufforderung dazu war vom bayerischen Innenministerium ausgegangen, das sich über den Widerstand des Senats schließlich hinwegsetzte – zum Glück, wie man heute sagen muss.

Denn ab 1832 wurde an der Universität Würzburg eine Kunstsammlung eingerichtet, wie sie auf dem europäischen Kontinent kein zweites Mal existiert: ein Universalmuseum, an dessen Sammlung sich die Entwicklung der künstlerischen Formen von Alt-Ägypten bis zur Moderne ablesen lässt. Mit einem Seitenblick auf das Museum der Universität Oxford könnte man sagen, dass damals ein ‚Würzburger Ashmolean‘ seinen Anfang nahm.

Gleich zu Anfang erhielt das „Ästhetische Attribut der Universität Würzburg“, wie es zunächst hieß, seine Einteilung in Antiken-, Gemälde- und Graphiksammlung, die bis heute Bestand hat. Eine dieser Abteilungen hat jetzt allen Grund zum Feiern: Am 22. Oktober 2018 wurde die Gemäldegalerie nach zweieinhalb Jahren intensiver Renovierung wiedereröffnet. Unterbrochen wurde die Schließung nur von der monumentalen Ausstellung „Julius Echter Patron der Künste“, mit der die Universität Würzburg im Sommer 2017 dem 400. Todesjahr ihres Stifters gedachte. Danach wurde die im Südflügel der Würzburger Residenz gelegene Galerie abermals geschlossen, damit die Rundum-Erneuerung fortgesetzt werden konnte. Wer sie von früher kannte, wird sie kaum wiedererkennen. In den Räumen, die einst die Privatwohnung des Fürstbischofs beherbergten, ist ein zeitgemäßes Museum entstanden.

Neue Wände, neues Licht, neuer Schutz

Die repräsentativen und daher sehr weitläufigen Säle sind eigentlich wenig geeignet für die Präsentation von Mittelformaten; daraus besteht die Bildersammlung jedoch zum allergrößten Teil. Daher wurden jetzt Wände eingezogen, mit denen die Räume sinnvoll gegliedert und die Hängungsfläche vergrößert wurde. Auf diese Weise entstanden auch Sichtachsen, die der Hervorhebung besonders wichtiger Werke dienen – was umso besser funktioniert, als diese ‚Leuchtturmobjekte‘ dank eines komplett neuen Beleuchtungssystems jetzt effektvoll inszeniert werden können.

Deutlich verbessert wurden auch die konservatorischen Bedingungen. Erstmals sind die Gemälde jetzt umfassend vor der Einwirkung von UV-Strahlen geschützt, zudem wurden die Räume verdunkelt, was wiederum die Temperaturschwankungen im Zaum halten soll – das schwierigste Unterfangen in einem Gebäude, in das aus Denkmalschutzgründen keine Klimaanlage eingebaut werden kann (die Residenz würde sonst ihren Weltkulturerbe-Status riskieren).

Konzeption und Information

Neben knapp 500 mittelalterlichen, neuzeitlichen und modernen Gemälden – nochmals dieselbe Größenordnung an Werken schlummert im Depot – werden in der Gemäldegalerie auch zahlreiche Skulpturen des 12. bis 20. Jahrhunderts gezeigt. Die Präsentation dieses stattlichen Bestandes wurde völlig neu konzipiert. Die elf Säle des Museums wurden durch die Einbauten so gegliedert, dass der Bestand sich jetzt über 19 thematische Sektionen verteilt; die Kriterien waren sowohl historischer als auch kunstgeographischer Art.

Die so geschaffenen Abteilungen tragen Titel wie „Kirche, Klöster, Stadt–Kunst der Spätgotik in Deutschland“, „Gran Maniera–Barockmalerei in Italien“ oder „Rückzug und Freiheit – Malerei vom Biedermeier bis zum Symbolismus“. In jeder Sektion informieren große Banner in deutscher und englischer Sprache über die jeweilige Epoche und die Werke, die sie veranschaulichen – auch dies ein Novum: Bisher waren die Besucher vor den Werken weitgehend allein gelassen worden.

Was als bescheidene Lehrsammlung begann, ist längst ein Museum von überregionaler Geltung. Das liegt vor allem an der Qualität seiner Werke. Die Sammlung griechischer Vasen genießt Weltruhm, in der Graphischen Sammlung geben sich internationale Zeichnungsexperten die Klinke in die Hand. Aber auch die Gemäldegalerie kann sich sehen lassen, schließlich reichen die dort vertretenen ‚großen Namen‘ von Tilman Riemenschneider bis Max Liebermann. Nur entsprach ihr äußeres Erscheinungsbild nicht dem, was heutige Besucher von einem Museum erwarten dürfen, sondern mehr oder weniger dem Zustand von 1963, als die Räume in der Residenz bezogen wurden.

Sammlungsgeschichte prominent präsentiert

Das hat sich nun massiv geändert, unübersehbar schon im Entrée der Gemäldegalerie. Hier kann man sich an Touchscreens über die Geschichte des Museums informieren – über die allgemeine Sammlungsgeschichte zum einen, über Martin von Wagner zum anderen. Der Namensgeber des Museums hatte fünfzig Jahre seines Lebens in Rom verbracht. Selbst ein namhafter Künstler, war er hauptsächlich als Kunstagent für König Ludwig I. von Bayern tätig.

Die Kunstsammlung und das Privatvermögen, das dieser überaus geschäftstüchtige Deutsch-Römer 1857 der Universität seiner Heimatstadt vermachte, haben die Identität des Hauses überhaupt erst geformt. Zwar war zu diesem Zeitpunkt schon eine ansehnliche Sammlung an Gemälden und Kupferstichen zusammengetragen worden; doch erst die finanzielle Ausstattung und die kostbaren Neuzugänge – darunter antike Skulptur, Tausende italienischer Zeichnungen und Gemälde wie das hochberühmte, 1404/05 in Florenz entstandene Marientriptychon von Gherardo Starnina – bildeten die Basis für das heutige Museum.

Was Wagner wichtig war, ist der Stiftungsurkunde zu entnehmen. Obenan stand für ihn die freie Zugänglichkeit der Sammlung für jeden Kunstinteressierten. Seine Schenkung war programmatisch an das breite Publikum gewendet und mit einem klaren Bildungsauftrag verbunden. Die enge Verzahnung mit seiner Heimatstadt war dabei Programm: Die Universität sollte zwar für Unterbringung und Erhalt der Sammlung Sorge tragen, doch war es Wagners erklärtes Streben, dass sie „Würzburg auf immer bleibe“.

Museum der Universität – Museum für die Stadt

Das Universitätsmuseum ist ein Ort der wissenschaftlichen Forschung, vor allem für die Fächer Klassische Archäologie und Kunstgeschichte, und stellt daher auch an seine Besucher einen gewissen Anspruch. Zugleich aber ist es das erklärte Ziel des Martin von Wagner Museums, sich in der Würzburger Öffentlichkeit so zu verankern, wie es dem Wunsch seines wichtigsten Stifters entspricht. Mit der Erneuerung der Gemäldegalerie ist ein wichtiger Schritt hin auf dieses Ziel getan. Am 22. Oktober 2018 bekam daher nicht nur die Universität eine Einrichtung zurück, die zu ihrem Leitbild beiträgt, „Wissenschaft für die Gesellschaft“ zu treiben. Auch die Bürger der Stadt Würzburg erhielten eine „neue“ Galerie, die für sie geschaffen wurde: als ein Ort, an dem Weltkunst sich mit lokalen Akzenten vereinigt. Das „Würzburger Ashmolean“ ist wieder ein Stück näher gerückt.


Bild: Damian Dombrowski, Direktor der Neueren Abteilung des Martin-von-Wagner-Museums, eröffnete im Oktober die „neue“ Gemäldegalerie. (Foto: Corinna Russow)

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