Seit 50 Jahren gibt es den Würzburger Kulturpreis. Insgesamt 37 Künstlerinnen und Künstler haben den begehrten Preis der Stadt Würzburg erhalten. Darunter Künstler wie die Kammersängerin Diana Damrau, der Pianist Bernd Glemser oder der bekannte Kabarettist Frank-Markus Barwasser. In diesem Jahr geht der Kulturpreis der Stadt an Prof. Dr. Hans Ulrich Gumbrecht, während die Kulturförderpreise an den Fotografen Benjamin Brückner, Pauline Füg und Andy Sauerwein verliehen wurden.
„Die Kulturpreisträger sind alle Persönlichkeiten aus dem städtischen und internationalen Kulturleben, die das beachtliche kulturelle Spektrum unserer Stadt abbilden“, sagte Oberbürgermeister Christian Schuchardt bei der Preisverleihung im Ratssaal. Mit der Verleihung des Kulturpreises ehrt die Stadt Würzburg Gumbrecht für seine weltweit anerkannte geisteswissenschaftliche Arbeit. „In seinen Veröffentlichungen bezieht Prof. Gumbrecht sich immer wieder auch auf seine fränkischen Wurzeln und hält bis heute freundschaftliche Verbindungen in seine Geburtsstadt Würzburg“, begründete Schuchardt die Auszeichnung.
„Gumbrecht ist einer der großen Gelehrten unserer Zeit“, stellte auch Laudator Prof. Dr. Horst Bredekamp fest. Für Gumbrecht bedeute in seiner Heimatstadt geehrt zu werden, dass sich geometrische Formen schließen, so Bredekamp. Im Falle des Literaturwissenschaftlers und Philosophen, der unter anderem zu Begriffen wie der „Präsenz“ Bücher veröffentlicht hat, sei es eine Spirale. „Würzburg kann sich glücklich schätzen, diesen großen Geist sein Eigen zu nennen“, so Bredekamp. Gumbrecht selber bedankte sich für die Ehrung und erinnerte zugleich an seinen Vater, der zwar selbst Würzburg nicht für längere Zeit verlassen konnte, ihn aber in den 60er Jahren in die Welt geschickt hat.
Für seine künstlerische Arbeit wurde der junge Fotograf Benjamin Brückner ausgezeichnet. Brückner ist seit 2011 freier Porträt- und Architekturfotograf und wurde unter anderem durch sein Experiment „500 faces“ bekannt. „Benjamin Brückner macht die Fotografie nicht nur des Ergebnisses wegen, sondern auch des Erlebnisses“, betonte Laudator Tilman Hampl. Dabei arbeite der junge Fotograf unter Umständen wochenlang an seinen Bildern. Brückner, sichtlich gerührt, dankte allen, die ihm bei seinem Werdegang als Fotograf geholfen haben.
Mit der Performance „großraumdichten“ mit „glühen und leuchten“ bedankte sich die Bühnenpoetin und Autorin Pauline Füg beim Publikum wie auch den Juroren. Die gebürtige Leipzigerin, die inzwischen in Würzburg lebt und arbeitet, erhielt den Kulturförderpreis für ihre Veröffentlichungen in Anthologien und Literaturmagazinen. „Ihre Arbeit an und mit der deutschen Sprache haben ihr einen großen Fankreis und schon mehrere Auszeichnungen eingebracht“, zitierte Oberbürgermeister Schuchardt die Verleihungsurkunde, während Laudator Tobias Heyel von dem Unverständnis erzählte, auf das Künstler wie Füg mit einer Frage nach Honorar bei möglichen Auftraggebern stoßen. „Man muss es nach außen tragen, dass die Leute Kunst mehr wertschätzen –
Kunst kostet Geld und muss gewürdigt werden“, so Heyel. „Ich habe mir Würzburg als Wohn- und Arbeitsstadt ausgesucht. Ich habe hier meine kulturelle Heimat gefunden“, freute sich Füg über den Förderpreis ihrer neuen Heimatstadt.
Als dritter im Bunde erhielt der Künstler und Kabarettist Andy Sauerwein den Kulturförderpreis der Stadt Würzburg. „Mit viel Humor und Ironie spricht Sauerwein aktuelle Themen wie Generationen-Smartphone, Nachhaltigkeit und Ernährung an. Zudem ist er auch als einer der besten Musiker in der Kleinkunst-Szene bekannt“, so Oberbürgermeister Schuchardt. Laudator und Kabarettist Thomas Kupferschmidt begründet den Förderpreis folgendermaßen: „Andy Sauerwein ermöglicht hunderten von Franken wenigstens einmal im Monat zu lachen.“ Den Beweis dafür trat Sauerwein mit der Band „Andy Sauerwein und die Federweißen“ auch gleich mit einem satirischen Beitrag zum Generationenvertrag an.
Vita
Prof. Dr. Hans Ulrich Gumbrecht wurde 1948 in Würzburg geboren, wo er auch sein Abitur am Siebold-Gymnasium ablegte. Gumbrecht ist einer der renommiertesten und bekanntesten Literatur- und Geisteswissenschaftler Deutschlands und lehrt und lebt seit vielen Jahren in Stanford/USA. In seinen Veröffentlichungen bezieht er sich immer wieder auch auf seine fränkischen Wurzeln und hält bis heute freundschaftliche Verbindungen in seine Heimatstadt.
Gumbrecht studierte Romanistik, Germanistik, Philosophie und Soziologie in München, Regensburg, Salamanca und Pavia. Nach seiner Habilitation 1964 war er Professor in Bochum und an der Universität Siegen bis 1989. Seither ist er Professor für Komparatistik an der Universität Stanford. Zahlreiche Universitäten haben ihm Ehrendoktorwürden verliehen. Gumbrecht nahm Gastprofessuren an ausländischen Universitäten wahr, u.a. am Collège de France in Paris, in Lissabon, Barcelona, Buenos Aires und Montréal. Er ist Mitherausgeber der Grundrisse der romanischen Literaturen des Mittelalters, Figurae – Readings in Medieval Culture, Writing Scene, und Espaces Metisses und schreibt regelmäßig für die Frankfurter Allgemeine Zeitung und für Merkur – Zeitschrift für europäisches Denken. Der Wissenschaftler ist unter anderem Mitglied der American Academy of Arts and Sciences. Seine Bücher wurden in mehr als 20 Sprachen übersetzt. Zuletzt erschien im Suhrkamp Verlag das Buch „Nach 1945. Latenz als Ursprung der Gegenwart.“ Gumbrecht zählt zu den weltweit führenden Romanisten, Philosophen und Intellektuellen.
Benjamin Brückner wurde 1983 in Würzburg geboren. Er studierte sieben Jahre Anglistik und Geschichte an der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg. Schon während seiner Schulzeit war die Fotografie seine Leidenschaft. Seit 2011 ist er freier Portrait- und Architekturphotograph und wurde unter anderem einem größeren Publikum bekannt durch sein Experiment „500 faces“, einer Erweiterung der „50 faces“, einem Projekt, das er 2013 in Kooperation mit dem Kunst im Öffentlichen Raum e.V. durchführte. Hierzu nahm er in einem mobilen Studio auf dem Umsonst & Draußen Festival 500 unbekannte Leute auf schwarz/weißen Polaroids auf – ganz ohne Maske, glücklich, ernst, ausgelassen oder verschwitzt. Eben genau so wie sie gerade waren. Für die Ausstellung wurden die Bilder gescannt und unretouchiert gezeigt. Ein spannendes Projekt, das Menschen in den Vordergrund stellt, mit dem Ziel dass sich Menschen begegnen und wieder einmal bewusst wahrnehmen – so wie sie sind.
Pauline Füg ist Bühnenpoetin und Autorin. 1983 in Leipzig geboren, aufgewachsen in und um Nürnberg. Nach ihrem Studium der Psychologie lebt sie jetzt in Würzburg und in den 2. Klasse-Abteilen der Deutschen Bahn. Veröffentlichungen in Anthologien und Literaturmagazinen. 2009 erschien das Album „an grauzonen vorbei“ ihres Elektro-Poesie-Projektes großraumdichten im Sprechstation-Verlag, 2011 ihr Lyrikband „die abschaffung des ponys“ im stellwerck-Verlag. 2013 erschien der „Graphic Novel“ beim Verlag Literaturquickie.
Pauline Füg gibt Poetry Slam-Schreibworkshops, z. B. für das Theater Ingolstadt und für eine Vielzahl von Schulen. Für das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat die Diplom-Psychologin zusammen mit ihrem Kollegen Tobias Heyel unter dem Motto „Toleranz stärken, Kompetenz fördern“ ein inklusives Workshopkonzept mit Themenschwerpunkt „Migration und interkulturelle Kompetenz“ entwickelt. In Kooperation mit dem stellwerck-Verlag bietet sie ebenso an Schulen Poetry Slam-Workshops zum Thema „Perspektivenwechsel – Flucht und Willkommenskultur“ an. 2005 bis 2014 qualifizierte sie sich mit ihrem Projekt großraumdichten für die jährlichen deutschsprachigen Poetry Slam-Meisterschaften. Damit ist großraumdichten nicht nur das dienstälteste Slam-Team im deutschsprachigen Raum, sondern auch das Slam-Team, das die meisten Teilnahmen an den Meisterschaften verzeichnen kann. 2006 und 2007 stand sie im Finale der deutschsprachigen Meisterschaften im Poetry Slam, wo sie 2007 zur besten weiblichen Bühnenpoetin gekürt wurde. 2009 gewinnt großraumdichten mit der Verfilmung des großraumdichten-Tracks „Spiegel“ den 3Sat-Poetry Clip Wettbewerb, 2010 mit großraumdichten Preisträgerin der Bremer Netzresidenz, 2010 war sie Gewinnerin des Förderpreises der Literaturstiftung Bayern, und 2011 erhielt sie den Kulturpreis Bayern.
Andy Sauerwein stammt aus dem unterfränkischen Sulzbach. Nach seinem Abitur auf dem musischen Dalberg-Gymnasium in Aschaffenburg am Main, begann er 2002 sein Lehramtsstudium an der Universität Würzburg. Während seines Studiums spielte die Musik bereits eine wichtige Rolle in seinem Leben. Neben ersten Solo-Auftritten am Klavier, fand er zunehmend Gefallen am Kabarett. Da ihn die Universität mit dem Angebot einer Promotion in Sonderpädagogik nicht von seinem Vorhaben abhalten konnte sein Hobby zum Beruf zu machen, erfreut er seit 2008 sein Publikum als hauptberuflicher Kabarettist und Pianist.
Mit viel Humor und Ironie spricht er aktuelle Themen wie Generation-Smartphone, Nachhaltigkeit und Ernährung an. Zudem ist er als einer der besten Musiker in der Kleinkunst-Szene bekannt, denn der musikalische Scherzkeks beherrscht nicht nur das Klavier hervorragend, sondern auch Keyboard, Schlagzeug und Gesang – und das alles parallel! Mit der vierten Auflage seines Kabarett-Programms überzeugt er deutschlandweit mit außerordentlichem Witz gemischt mit musikalischer Begabung.
Die Veranstaltung wurde vom Matthias Franz Trio musikalisch umrahmt.