Stadt Würzburg verbietet rechte Demo am 15. März -  wuerzburg24.com

Stadt Würzburg verbietet rechte Demo am 15. März

Würzburg – Die Stadt Würzburg hat heute die für Sonntag, 15. März geplante rechte Versammlung mit dem Thema „Gegen das Vergessen – 16. März 1945 Gedenkt eurer Toten“, verboten. Wie es in einer Pressemittelung heißt, gilt das Verbot auch für jede Art von Ersatzveranstaltungen.

Für den Fall, dass das Verwaltungsgericht bei einer erfolgten Klage die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt und damit die Veranstaltung stattfindet, werden insgesamt 39 Auflagen erteilt.

Diese legen rein vorsorglich u. a. die Wegstrecke, Kundgebungsmittel und verschiedenste versamlungsrechtliche und versammlungsorganisatorische Details fest. Ein gesetzlich vorgesehenes Erörterungsgespräch mit dem Anmelder fand statt; hier wurde insbesondere wegen der Nähe zum Gedenktag 16. März und der erstbeantragten Streckenführung sowie in weiteren Fragen kein Einvernehmen hergestellt.

Verbot stützt sich auf das Bayerische Versammlungsgesetz

Das ausgesprochene Verbot stützt sich unter anderem auf den Artikel 15 Abs. 2 Nr. 1 des Bayerischen Versammlungsgesetzes. Danach können Versammlungen verboten werden, wenn nach den erkennbaren Umständen die Versammlung an einem Tag oder Ort stattfinden soll, dem ein an die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft erinnernder Sinngehalt mit gewichtiger Symbolkraft zukommt und durch die Versammlung eine Beeinträchtigung der Würde der Opfer zu besorgen ist oder die unmittelbare Gefahr einer erheblichen Verletzung grundlegender sozialer oder ethischer Anschauungen besteht.

Dies wird von der Stadt Würzburg bejaht: Die Stadt Würzburg kann eine besondere Stellung im Zusammenhang mit der Bombardierung deutscher Städte während des Zweiten Weltkrieges vorweisen. Während andere Städte durch die Verkehrslage oder die Industrien eine besondere strategische Bedeutung hatten, war Würzburg nur von geringer Bedeutung für die Industrie und als „Lazarett-Stadt“ ohne bedeutende militärische Funktion. Bei der Bombardierung wurde die Würzburger Altstadt zu 90 % und damit fast vollständig zerstört. Über 5.000 Menschen kamen ums Leben.

Außerdem erfolgte die Bombardierung anderer Städte über mehrere Tage, während Würzburg an tatsächlich einem Tag zerstört wurde. Des Weiteren jährt sich die Bombardierung Würzburgs als Reaktion auf die nationalsozialistische Herrschaft im Jahr 2015 zum siebzigsten Mal, weshalb dem 16.03.2015 zusätzlich eine gesteigerte Bedeutung zukommt. Die umfangreiche Bombardierung deutscher Städte ist als Folge der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft anzusehen, weshalb insbesondere dem bedeutenden Jahrestag der Bombardierung Würzburgs am 16.03. vor dem Hintergrund der gelebten, in der Öffentlichkeit allgemein und im Stadtrat der Stadt Würzburg im Besonderen diskutierten und fest eingeführten städtischen Erinnerungskultur und weit überregional wahrgenommenen Bedeutung eine herausragende Sonderstellung zukommt.

Wie in keiner anderen Stadt erinnert sich die Stadtgesellschaft vor Ort und überregional hier an die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft, reflektiert die Ursachen und Motive in historisch politischer und tatsächlicher Hinsicht und genau dieser Sinngehalt hat eine gewichtige, ja besonders hohe Symbolkraft. Insbesondere die Symbolhaftigkeit des 16.03.2015, das einseitige, nicht nachvollziehbare Reduzieren auf die Opferrolle durch Alliierten-Angriffe, der zu Tage tretende Widerspruch in der öffentlichen Erinnerungskultur und in der Zusammenschau der Stellen und Orten, an denen vorübergelaufen werden soll, verdeutlicht die Nähe des Demonstrationssinngehaltes zum so genannten Dritten Reich und den daraus resultierenden Folgen, ohne sie zu objektivieren oder nur ansatzweise zu reflektieren.

Auch der breiten überregionalen Öffentlichkeit ist die Bombardierung Würzburgs sowie der oben genannten Orte und deren Symbolkraft bekannt. Deren Nutzung durch rechtsgerichtete Versammlungsteilnehmer wird sicherlich als Missbrauch und damit als erhebliche Erschütterung grundlegender sozialer und ethischer Anschauungen empfunden werden. Die Würzburger Stadtgesellschaft wird durch diese Veranstaltung in Bezug zu den aufgezeigten Räumen und insbesondere zu dem symbolischen Tagesereignis empfindlich beeinträchtigt, ja erschüttert.

Darüber hinaus stützt sich das Verbot auch auf Art. 15 Abs. 1 BayVersG: Hier kann die Versammlung verboten werden, wenn nach den erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Dies ist im Hinblick auf die Streckenführung (Husarenwäldchen wird durch die Sicherheitssatzung geschützt), aber insbesondere der Gefahreneinschätzung beim Zusammentreffen der unterschiedlichen „politischen Lager“ (gewaltbereite Szene) zu erwarten. Mildere Mittel, insbesondere die Festlegung von Beschränkungen, sind nicht ersichtlich um die Gefahr eines Zusammenstoßes von rechts- und linksextremen Gruppierungen zu reduzieren.

Aktualisierung vom 13.03.2015

Verwaltungsgericht kippt Würzburger Entscheidung: Neonazis dürfen marschieren

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