Würzburg – Mit der Vertragsunterzeichnung im „Museum für Franken“ ist die Rückgabe von NS-Raubkunst an die jüdische Gemeinde Würzburg besiegelt worden. Dabei handelt es sich um rund 150 Objekte, die aktuell in der Ausstellung „7 Kisten mit jüdischem Material“ zu sehen sind.
„Ich freue mich, dass diese Gegenstände, die vom reichhaltigen Leben der durch die Nationalsozialisten zerstörten jüdischen Gemeinden in Unterfranken zeugen, nun hier zu sehen sind. Für uns als Stadt Würzburg ist es nicht nur eine juristische sondern vor allem auch eine moralische Verpflichtung, die gestohlenen Kunstwerke den rechtmäßigen Eigentümern zurückzugeben“, betont Oberbürgermeister Christian Schuchardt bei der Vertragsunterzeichnung.
„Für mich ist diese Rückgabe ein wichtiges Signal. Diese jüdischen Ritualgegenstände zeigen, dass sich das jüdische Leben in Unterfranken nicht nur auf die Zeit zwischen 1933 und 1945 beschränken lässt, sondern es auch viele Jahrhunderte vorher gab und auch heute wieder gibt“, freut sich Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland und Vorsitzender der IKG Würzburg und Unterfranken.
Wie die Gegenstände in den 30er Jahren in den Besitz des Museums gelangt sind, ist bis heute ungeklärt. 2016 waren die Objekte wiederentdeckt worden. Dabei handelt es sich um Kultgegenstände, die bei der Reichspogromnacht 1938 in unterfränkischen Synagogen beschlagnahmt worden waren. Im Oktober 2018 hatte sich der Stadtrat dazu verpflichtet, beim Umgang mit NS-Raubkunst den Zielen der so genannten „Washingtoner Erklärung“ zu folgen. Demgemäß soll mit möglichen Erben eine faire und gerechte Lösung gefunden werden – bis hin zu Rückgabe oder auch Rückkauf von verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern.
Mit der vertraglichen Vereinbarung zwischen der Stadt Würzburg und der jüdischen Kultusgemeinde hat zum ersten Mal in der Bundesrepublik eine Kommune eine jüdische Gemeinde als Rechtsnachfolger der zerstörten Vorkriegsgemeinden anerkannt. Die Stadt ist damit – so Bernhard Purin, Direktor des Jüdischen Museums München, der den Bestand wissenschaftlich aufgearbeitet hat – zu einem Vorbild für andere Kommunen geworden, in deren Sammlungen sich Raubkunst aus ehemaligem Gemeindeeigentum befindet. So plane zum Beispiel die Landeshauptstadt München nach dem Vorbild des „Würzburger Modells“ ebenfalls eine analoge Vereinbarung mit der Israelitischen Kultusgemeinde München zu schließen, berichtete Purin gestern am Rande der Vertragsunterzeichnung.
Bild: Oberbürgermeister Christian Schuchardt und Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland und Vorsitzender der IKG Würzburg und Unterfranken bei der Vertragsunterzeichnung. (Foto: Christian Weiß)