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Drogenpräventionsprojekt FLASHBACK startet im Landkreis Kitzingen

Drogenpräventionsprojekt FLASHBACK startet im Landkreis Kitzingen

v. l. n. r.: Polizeihauptkommissarin Kathrin Reinhardt (Polizeipräsidium Unterfranken, Projektverantwortliche) und Polizeiobermeisterin Katharina Frosch (Drogenpräventionsbeamtin der Polizeiinspektion Kitzingen)

Kitzingen – Vor Kurzem ist der Startschuss für das neue Drogenpräventionsprojekt „Flashback“ gefallen, das ab Sommer für Schulen im Landkreis Kitzingen angeboten wird. Gemeinsam hatten Landrätin Tamara Bischof und Polizeipräsident Gerhard Kallert alle Schulleiterinnen und Schulleiter sowie die Suchtpräventionsbeauftragten der Schulen zu dieser Auftaktveranstaltung ins Landratsamt Kitzingen eingeladen. Beide betonten, wie sehr ihnen das Wohl der jungen Menschen am Herzen liege.

Wie Landrätin Tamara Bischof erklärte, gehöre ein „sich ausprobieren“ und an Grenzen gehen zum Erwachsenwerden dazu. „Bedenklich und gefährlich wird es aber dann, wenn Grenzen – zum Beispiel der Legalität – überschritten werden oder man sich ständig selbst überschätzt“, so Bischof.

Sie berichtete aus der Arbeit verschiedener Stellen des Landratsamts, wie dem Gesundheitsamt. Den Erfahrungen der Mitarbeiter nach, habe der Konsum von Cannabis bei Jugendlichen wieder dramatisch zugenommen, außerdem berichten die Mitarbeiter, die direkt mit Schulklassen in Kontakt kommen, dass das Wissen der Schüler über Suchtmittel extrem unterschiedlich sei und man hier unbedingt ansetzen müsse. „Einen interaktiven Parcours finde ich deshalb sehr sinnvoll, da die Jugendlichen aktiv werden und zum Nachdenken kommen.“ Bischof erinnerte auch an die bereits durchgeführten erfolgreichen Präventionsmaßnahmen, wie die Sicherheitspartnerschaft die seit vielen Jahren zwischen Polizei, Jugendamt und Gemeinden besteht und Projekte wie „Halt – Hart am Limit“ bezogen auf Alkohol oder „PiT – Prävention im Team“, unter anderem bezogen auf Mobbing.

„Wir freuen uns, dass wir unserer Präventionsarbeit mit dem neuen Projekt Flashback einen weiteren Baustein hinzufügen können“, so die Landrätin Gründe der Polizei für verstärktes Engagement in der Drogenprävention „Anlass für das verstärkte gemeinsame Engagement im Bereich der Drogenprävention an Schulen sind einerseits die stark angestiegenen Fallzahlen von konsumierenden Jugendlichen, die mit Drogendelikten bei der Polizei aufgefallen sind“, so der Polizeipräsident in seinem Grußwort. „Besonders Cannabis und die so genannten Legal Highs, also Kräutermischungen und Badesalze, spielen hierbei eine zunehmende Rolle.“, betonte Kallert weiter.

Die Zahlen

Der Polizeipräsident legte dar, dass die Gesamtkriminalität in Unterfranken und andere Deliktsfelder, wie die Gewalt- und Eigentumskriminalität, rückläufig seien. Einzig der starke Anstieg der Rauschgiftdelikte gebe Anlass zur Sorge, besonders bei Jugendlichen. Die Zahl der jugendlichen Tatverdächtigen im Alter zwischen 14 und 18 Jahren hat sich in Unterfranken von 214 im Jahr 2008 auf inzwischen 728 im letzten Jahr mehr als verdreifacht. Betrug der Anteil der Jugendlichen an allen Rauschgifttatverdächtigen vor zehn Jahren noch etwa 7 Prozent, so sind es heute mit fast 15 Prozent mehr als doppelt so viele.

Auch Cannabisverstöße von Jugendlichen haben in den letzten fünf Jahren von 1.860 Delikten auf inzwischen knapp 3.100 (plus 66 %) dramatisch zugenommen, obwohl die Polizei ihre Kontrollen nicht verstärkt habe.

Legalisierungsdebatte und wissenschaftliche Erkenntnisse

„Die jungen Leute haben jedoch auch aufgrund der Legalisierungsdebatte den Eindruck, dass der Konsum von Cannabis für sie völlig harmlos ist.“, so Polizeipräsident Gerhard Kallert. Aber auch die neueren wissenschaftlichen Erkenntnisse der sogenannten CaPRiS-Studie (Cannabis: Potenzial und Risiken) über die Wirkungsweise von Cannabis auf die Gehirnentwicklung von Jugendlichen alarmieren den unterfränkischen Polizeichef: „Die Wahrscheinlichkeit, an Psychosen, Angststörungen oder Depressionen zu erkranken, sei um ein Vielfaches höher, wenn Jugendliche in der Pubertät bereits regelmäßig Cannabis konsumieren.“

Appell und Dank an Landrätin Bischof

„Aus den genannten drei Gründen ist es an der Zeit“, so Kallert, „die gemeinsamen Anstrengungen im Bereich der Drogenprävention bei Jugendlichen noch stärker zu intensivieren! Hierzu ist ein behördenübergreifendes und koordiniertes Zusammenwirken notwendig. Dafür werben wir seit Monaten bei potentiellen Kooperationspartnern.“

Weitere Kooperationen in Unterfranken

Er sei sehr dankbar, dass nun auch im Landkreis Kitzingen das Drogenpräventionsprojekt Flashback gemeinsam mit der Polizei startet, das schon seit einigen Jahren in Schweinfurt erfolgreich praktiziert wird. Ziel sei es dabei, Jugendliche an den Schulen zu erreichen, bevor sie erstmals konsumieren und sie durch die verschiedenen Fachleute von Jugend-, Gesundheitsämtern und der Polizei zum Thema „Cannabis und Legal Highs“, aber auch allgemein zum Thema „Sucht“ zu informieren. „Auch mit weiteren unterfränkischen Städten und Landkreisen gibt es derzeit Gespräche und teilweise bereits konkrete Zusagen, so zum Beispiel von der Stadt Würzburg, und ich bin zuversichtlich, dass wir Flashback auch in anderen Regionen Unterfrankens gemeinsam umsetzen können.“, sagte der Polizeipräsident abschließend.

Fachvortrag mit Hintergrundinformationen

In einem Fachvortrag informierte der Leitende Kriminaldirektor Matthias Weber, Sachgebietsleiter Kriminalitätsbekämpfung beim Polizeipräsidium Unterfranken, zu den bayernweiten Entwicklungen der Rauschgiftkriminalität allgemein sowie der ebenfalls besorgniserregenden Entwicklung an Schulen. Herr Weber verdeutlichte, dass in den letzten Jahren die gemessenen THC– Wirkstoffgehalte in Marihuana und Haschisch stark angestiegen seien. Daher erhöhe sich zum einen das Risiko einer Abhängigkeit und zum anderen seien die körperlichen und psychischen Spätfolgen für Jugendliche bei regelmäßigem Konsum derzeit vollkommen unabsehbar.

Er legte jedoch auch die verschiedenen Interessen, zum Beispiel von Wirtschaftsunternehmen, dar, die bei der Diskussion um die Legalisierung von Cannabis eine Rolle spielen. Viele Fragen, so Weber, wie die künftige Gewährleistung des Jugendschutzes, die Vergabelizenzen für den Anbau von Cannabis, die Regelungen für die Teilnahme am Straßenverkehr und vieles mehr, würden nicht zu Ende diskutiert und seien derzeit noch völlig ungeklärt.

Der oberste Verbrechensbekämpfer des Polizeipräsidiums beleuchtete zudem das Thema Medizinal-Cannabis und stellte die Problematiken dar, die sich dabei insgesamt, aber auch insbesondere im Schulumfeld ergeben können.

Hilfsangebote unterbreiten

Wichtig sei auch, die Jugendlichen, die bei der Polizei mit einem Drogendelikt aufgefallen sind, nicht ohne entsprechende Hilfsangebote zurückzulassen. Daher vermittelt die Polizei die erstmals auffällig gewordenen Jugendlichen in das Projekt FreD (Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten). Hierbei handelt es sich um einen Interventions- und Beratungskurs, der von verschiedenen Suchtberatungsstellen in Unterfranken angeboten wird. Die erfolgreiche Teilnahme kann sich unter Umständen auch positiv auf das Strafverfahren auswirken.

Jugendliche aus dem Landkreis Kitzingen können ab sofort auch am FreD-Angebot bei der Jugend- und Drogenberatung in Würzburg teilnehmen, die mit dem Projekt ab sofort neu startet. Eine Teilnahme an dem kostenfreien Angebot ist aber auch freiwillig möglich und Interessierte könnensich dorthin wenden.

Was ist Flashback?

Flashback ist ein interaktiver Parcours für Jugendliche zwischen 13 und 16 Jahren. Er besteht aus insgesamt vier Stationen, die von verschiedenen Fachkräften aus Jugend- und Gesundheitsamt sowie von einem Drogenpräventionsbeamten der Polizei betreut werden. Aus verschiedenen Blickwinkeln werden im Parcours Themen wie Drogenaffinität, Resilienz, Suchtentwicklung und strafrechtliche Auswirkungen behandelt.

Im zweiten Teil der Veranstaltung stellten die regionalen Akteure, die zukünftig an die Schulen im Landkreis Kitzingen kommen werden, die Parcoursinhalte anschaulich vor: Wie wirken Cannabis und Legal Highs?

Welche Folgen hat Drogenkonsum für Jugendliche? (Polizei)

Kathrin Reinhardt, die das Drogenpräventionsprojekt beim Polizeipräsidium koordiniert, und ihre Kollegin Katharina Frosch von der Polizeiinspektion Kitzingen stellten anhand von Rollups die thematischen Inhalte der Polizeistation vor. Dabei ging es um Substanzwissen zu Cannabis und Kräutermischungen. Welche äußerst gefährlichen Inhaltsstoffe in Legal Highs enthalten sind, wurde am Beispiel der „Tüte voller Mist“ veranschaulicht. Hier schienen die enthaltenen Kräuterabfälle noch das geringste Übel zu sein – im Gegensatz zu synthetischen Cannabinoiden und Felgenreiniger – diese können auch beim Erstkonsum unvorhersehbare gesundheitliche Folgen für die Jugendlichen haben. Zudem waren bei der Polizei noch das Ermittlungsverfahren und die gesundheitlichen, sozialen und rechtlichen Konsequenzen von Drogenkonsum ein Thema.

Phasen eines Suchtverlaufs (Suchtpräventionsfachkraft LRA)

Anna-Lena Spirk, Präventionsfachkraft beim Landratsamt Kitzingen und zugleich Projektkoordinatorin für Flashback, stellte im Anschluss die zweite Station „Suchtentwicklung“ vor. Nach der Klärung des Begriffs Sucht, sollen Jugendliche hierbei zunächst die auf Karten geschriebenen Phasen eines Suchtverlaufs in die richtige Reihenfolge bringen und anschließend Beispiel-Situationen der jeweiligen Phase zuordnen.

Konsummuster (Gesundheitsamt)

Um das Thema Konsum ging es bei der dritten Station, die von Uwe Kohler, Suchtpräventionsfachkraft beim Gesundheitsamt, präsentiert wurde. Kohler, der kurzweilig durch das Programm führte, stellte den so genannten Suchtkorb vor. Daraus ziehen die Jugendlichen im Schulparcours verschiedene Gegenstände, wie zum Beispiel eine Bierdose, eine Zigarettenschachtel, eine Videospiel oder eine Medikamentenpackung und lernen dann gemeinsam mit dem erfahrenen Pädagogen, das eigene Konsumverhalten kritisch zu hinterfragen.

Im Leben glücklich ohne Drogen! (Suchtpräventionsfachkraft LRA)

Was brauche ich, um im Leben glücklich zu sein und ohne Drogen auszukommen? Diese Frage stellte sich bei der vierten Station. Schüler dürfen dabei zuerst ihre persönliche Wunderdroge kreieren und im Anschluss sprechen sie gemeinsam mit der Suchtpräventionsfachkraft darüber, was sie im Leben stark und glücklich macht.

Wo finde ich Hilfe?

Zuletzt thematisierte Frau Spirk noch das regionale Hilfesystem und gab Tipps für das Verhalten im Drogennotfall und die notwendigen Erstmaßnahmen. Wichtig sei vor allem, den Rettungsdienst unter der Notrufnummer 112 zu rufen, wenn jemand kollabiert sei und ihn in die stabile Seitenlage zu bringen. Auch dies üben die Jugendlichen im Rahmen des Präventionsparcours.


Bild: v. l. n. r.: Polizeihauptkommissarin Kathrin Reinhardt (Polizeipräsidium Unterfranken, Projektverantwortliche) und Polizeiobermeisterin Katharina Frosch (Drogenpräventionsbeamtin der Polizeiinspektion Kitzingen) Foto: Polizei

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