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Ökosysteme im Klimawandel

Würzburg – Bayern ist im Wandel: In Regionen wie Unterfranken macht sich die Klimaveränderung mit zunehmender Wärme und Trockenheit bemerkbar. Gleichzeitig kommt es vielerorts häufiger zu extremen Wetterereignissen wie Starkregen oder Hagel, verbunden mit Überschwemmungen und Bodenerosion.

Die Landschaft verändert sich ebenfalls: Die Versiegelung von Böden nimmt zu, viele Dörfer legen inzwischen eigene Gewerbegebiete an. Auf den Äckern wachsen ausgedehnte Monokulturen von Mais und Raps; dazu kommt ein meist hoher Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln.

Die Biodiversität schwindet, vor allem bei den Insekten. Deren Zahl und Vielfalt hat abgenommen. Dabei sichern sie die Bestäubung vieler Kulturpflanzen und damit die landwirtschaftlichen Erträge. Auch als natürliche Feinde von Pflanzenschädlingen spielen Insekten eine wichtige Rolle. Ihr Dahinschwinden mindert die Leistungen, die Ökosysteme für den Menschen erbringen.

Herausforderung für die Wissenschaft

All diese Veränderungen stellen für die Wissenschaft eine große Herausforderung dar, sagt Professor Ingolf Steffan-Dewenter, Inhaber des Lehrstuhls für Tierökologie und Tropenbiologie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). Die vielen offenen Fragen könnten nur durch fächerübergreifende Kooperationen beantwortet werden:

Wie beeinflussen Klimaunterschiede und die Beschaffenheit einer Landschaft die Artenvielfalt und die Leistungen eines Ökosystems? Welche Wechselwirkungen gibt es zwischen den klimatischen Rahmenbedingungen und der Landnutzung? Mildert Biodiversität auf Populations-, Artengemeinschafts- und Landschaftsebene die Folgen des Klimawandels und klimatischer Extremereignisse ab?

LandKlif: Vier von zehn Teilprojekten in Würzburg

Diese Fragen untersucht nun der neue bayerische Forschungsverbund LandKlif. Er will in jeweils 20 naturnahen, landwirtschaftlichen und städtischen Landschaftsräumen in fünf Klimazonen Bayerns aktiv werden – von trocken-warmen Regionen in Unterfranken bis in die Hochlagen der Nationalparks Bayerischer Wald und Berchtesgaden. Ziel ist es, Optionen zur Abmilderung des Klimawandels und zur Anpassung an veränderte klimatische Verhältnisse aufzuzeigen.

Professor Steffan-Dewenter koordiniert den Verbund. Daran beteiligt sind vier Forschungsgruppen der JMU, zwei von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, zwei von der Technischen Universität München sowie jeweils eine von den Universitäten Augsburg und Bayreuth. Der Freistaat Bayern fördert den Verbund mit insgesamt 2,6 Millionen Euro, davon gehen 1,4 Millionen an die JMU.

Artenvielfalt und Leistungen der Ökosysteme erfassen

Im Teilprojekt 1, geleitet von Professor Ingolf Steffan-Dewenter, wird die Artenvielfalt von Bienen, Wespen, Schwebfliegen, Käfern und Tagfaltern ebenso erfasst wie die Ökosystemleistungen Bestäubung und biologische Schädlingskontrolle. Versetzungsexperimente und Simulationen klimatischer Extremereignisse sollen helfen, das Anpassungspotential und die Widerstandsfähigkeit wichtiger Insektengruppen besser zu verstehen. Die Ergebnisse könnten später als Handlungsgrundlage für ein nachhaltigeres Management der bayerischen Ökosysteme dienen.

Simulation von Klimaszenarien und Trockenstress

Das Teilprojekt 2 steht unter der Leitung von Professor Jörg Müller vom Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie. Es will die Menge und Vielfalt von Arthropoden-Gemeinschaften erfassen – als Arthropoden bezeichnen Biologen eine Tiergruppe, zu der die Insekten gehören. Das wird an 240 Standorten in mikroklimatisch unterschiedlichen Habitaten in ganz Bayern geschehen. Mit den gewonnenen Daten sollen Vorhersagen für verschiedene Klimaszenarien modelliert werden. Zudem wird auf manchen Flächen Trockenstress simuliert; hinzukommen Experimente in Klimakammern.

Landschaftsformen und Anpassungsfähigkeit

Leiter des Teilprojekts 6 ist PD Dr. Thomas Hovestadt, Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie. Sein Team untersucht Toleranz und Anpassungsfähigkeit von Lebensgemeinschaften gegenüber dem Klimawandel. Mit Computersimulationen will die Forschungsgruppe verstehen, welche Bedeutung die Landschaft für die Anpassung von Populationen und Lebensgemeinschaften spielt und welche Landschaftselemente dabei besonders wichtig sind. Am Ende könnten Strategien und Managementmaßnahmen identifiziert werden, die helfen, negative Effekte des Klimawandels auf Ökosystemleistungen abzumildern.

Vegetation mit Satellitendaten untersuchen

PD Dr. Christopher Conrad vom Lehrstuhl für Fernerkundung leitet das Teilprojekt 7. Hier geht es darum, anhand von Satellitendaten die Entwicklung der Vegetation in naturnahen, agrarischen und urbanen Landschaften Bayerns in den vergangenen 20 Jahren zu messen. Das soll zeigen, welche Landschaftsteile anfällig für oder widerstandsfähig gegen Klimaänderungen sind. Auch Erträge, Anbaumuster und Diversität in den Agrarlandschaften werden analysiert. Ziel ist es, frühzeitig schädliche Einflüsse auf die Ökosystemleistungen zu erkennen und Gegenmaßnahmen zu unterstützen.

Bayerisches Netzwerk für Klimaforschung

Der Forschungsverbund LandKlif ist Teil des Bayerischen Netzwerks für Klimaforschung (bayklif), das Wissenschaftsministerin Marion Kiechle Anfang Mai 2018 offiziell gestartet hat. Das Netzwerk soll mehr Erkenntnisse über die ökologischen und gesellschaftlichen Folgen des Klimawandels bringen. Darauf aufbauend gilt es, Modelle zu entwickeln, mit denen sich diese Folgen mindern lassen. Außerdem soll bayklif regionale und überregionale Strategien für Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel erarbeiten.


Bild: Ein Tagfalter (Goldene Acht, Colias hyale) auf einem Kalkmagerrasen in Unterfranken. Dieser Lebensraum mit seinen artenreichen Insektengemeinschaften ist in Bayern durch Stickstoffeintrag und den Klimawandel besonders gefährdet. (Foto: Ingolf Steffan-Dewenter)

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