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Den Weg der Erinnerung weitergehen

Würzburg – Seit 2011 erinnert der „Weg der Erinnerung“ in Würzburg an den Weg, den die unterfränkischen Juden vom Sammelplatz zu Verladebahnhof Aumühle zurücklegten, um anschließend nach Osten deportiert und ermordet zu werden. Heute berät deshalb der Kultur- und Schulausschuss über ein Denkmal am ehemaligen Verladebahnhof.

Bei einer Gedenkreise des Riga-Komitees besuchte in der vergangenen Woche eine Würzburger Delegation die Orte, an denen die unterfränkischen Juden nach ihrer Deportation in das lettische Riga untergebracht und schließlich ermordet wurden.

Eingefallene Fenster, umgestürzte Mauern – von dem ehemaligen Bauernhof stehen nur noch die Grundmauern. Nichts erinnert hier mehr daran, welche Tragödien vor 75 Jahren im Jungfernhof in der Nähe Riga stattgefunden haben. Denn der alte Gutshof Jungfernhof diente der SS Anfang der 40er Jahre als Aushilfs-KZ, in dem auch mehrere hundert Würzburger Juden untergebracht waren, misshandelt wurden, litten und starben. Hier gab es keine Türen und keinen Ofen, die Fenster waren offen, das Dach war auch nicht in Ordnung. Es waren 45 Grad Minus und der Schnee fegte durch die Scheune, erinnerte sich später einer der wenigen Überlebenden, der Würzburger Herbert Mai.

Allein in den ersten Monaten starben hier bis zu 900 Menschen an den unmenschlichen Bedingungen in dem halbverfallenen Gutshof. Andere wurden wiederum unter dem Vorwand der Verlegung in feste Wohnungen selektiert und in den wenig entfernten Wald bei Bikernieki gebracht. Doch statt neuer Unterkünfte wurden sie hier erschossen. 55 Massengräber, eingefasst durch normale Randsteine, liegen in dem hügeligen Wald und bezeugen den Massenmord an tausenden Menschen.

Nur noch die Grundmauern erinnern an das KZ Jungfernhof, in dem viele Würzburger Juden untergebracht waren.
Nur noch die Grundmauern erinnern an das KZ Jungfernhof, in dem viele Würzburger Juden untergebracht waren.

Bei ihrer Reise nach Riga nahm die Würzburger Delegation um Kulturreferent Muchtar Al Ghusain an der offiziellen Gedenkveranstaltung anlässlich des Holocaust-Gedenktages in Lettland teil. Bei dieser Gedenkstunde an der Ruine der Großen Choral Synagoge in Riga gedachten Vertreter der lettischen Regierung zusammen mit Vertretern der Jüdischen Gemeinde und Holocaust-Überlebenden sowie Vertreten des Riga-Komitees der hier von den Nazis ermordeten Juden aus Lettland und Deutschland, unter denen sich auch viele Würzburger befanden.

Im Anschluss an diese offizielle Gedenkstunde gedachten die Mitglieder der Würzburger Delegation zusammen mit den Repräsentanten der anderen Mitgliedstädte des Riga-Komitees im Wald von Bikernieki an die Deportation und Ermordung von etwa 25.000 deutschen, österreichischen und tschechischen Juden in den Jahren 1941/42, die hier erschossen und in einem Massengrab verscharrt wurden.

Nach altem jüdischen Brauch legten die Delegationsteilnehmer aus Würzburg auf dem symbolischen Grabstein im Wald von Bikernieki ein Steinchen nieder und ge-dachten der ermordeten Mitbürger. „Das Gedenken und Erinnern an die Ermordung von Millionen Menschen wird heute immer wichtiger, da es immer weniger Zeitzeugen gibt, die von damals berichten können“, so Al Ghusain: „Wir müssen die Erinnerung weitergeben und dürfen nicht aufhören zu mahnen, dass so etwas nie wieder passieren darf.“

Würzburg gehört seit der Gründung des Riga-Komitees im Jahr 2000 dem Komitee an. Inzwischen sind über 50 Städte Mitglied im Riga-Komitee. Ziel des Riga-Komitees ist es, an das Schicksal der nach Riga verschleppten Deutschen zu erinnern und ihnen eine würdige Gedenkstätte zu ermöglichen. Das Riga-Komitee ist ein in der deutschen Erinnerungs- und Gedenkkultur einzigartiger Zusammenschluss, entstanden vor dem Hintergrund der Spurensuche und Erinnerungsarbeit engagierter Bürgerinnen und Bürger, Organisationen und Städte.


Bild: Am Bahnhof Skirotava wurden die aus Deutschland kommenden Juden von der SS in Empfang genommen und zum KZ Jungfernhof getrieben. (Fotos: Christian Weiß)

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