Würzburg – Bei der Feier zum Abschluss der Grafeneckart-Sanierung verbarg sich nur noch ein letztes Detail hinter einer weißen Plane: die sattgrüne Gerichtslinde mit Ausrichtung auf den Vierröhrenbrunnen. Der 55 Meter hohe Rathausturm wurde bereits in den vergangenen zwei Wochen nach und nach Gerüst und Verpackung los und erstrahlt nun hell mit schilfsandstein-grünen Akzenten.
Seit Tagen recken Würzburger und Touristen in der Altstadt interessiert und fasziniert die Köpfe und die Bewertungen dieser „Schönheitsoperation“ fasste Oberbürgermeister beim Bürgerfest am Samstag begeistert zusammen „Ich bin sehr erstaunt. Ich habe noch keine Kritik gehört.“ Auch Stadtbaurat Christian Baumgart hofft, „dass wir es für alle richtig gemacht haben.“ Er dankte den Denkmalschutzexperten, den zahlreichen ausführenden Firmen und stellvertretend Jens Kulicke von der Fachabteilung Hochbau für eine ambitionierte Projektleitung mit Gesamtkosten von rund 1,6 Millionen Euro.
Die Stadt Würzburg ließ es sich nicht nehmen den Abschluss der Sanierungsarbeiten, die eines der ältesten Wahrzeichen Würzburgs für 21 Monate hinter einer von Stadtgrafiker Markus Westendorf gestalteten Folie verschwinden ließ, gebührend zu feiern. Stadtrat und Ratskeller-Wirt Kurt Schubert spendierte an diesem Freudentag 100 Liter Freibier. Nach einer Sanierung im Inneren des Ratskellers vor wenigen Jahren, präsentiert sich nun auch seine Außengastronomie wieder von ihrer besten Seite. Aus diesem freudigen Anlass erklangen auch Fanfaren aus der Türmerstube, des 1180 erstmals urkundlich erwähnten Schutzturms.
Das Blechbläser-Ensemble um Professor Hans-Martin Rux gehörte wieder zu den ersten Besuchern im höchsten „Amtszimmer“ des Rathauses, das bis vor Kurzem eine Stahlträgerkonstruktion zur Befestigung des tonnenschweren Gerüstes beherbergte. Nun kann man bei Führungen hier wieder einen sensationellen Ausblick über Würzburg genießen. Von unten wiederum erkennt man fast vergessene Details, die seit der letzten größeren Sanierung 1973 nach und nach hinter einem Grauschleier verschwanden.
Doch es galt nicht nur Farben historisch und ökologisch korrekt aufzuhübschen. Große Putzteile waren vor der Sanierung absturzgefährdet und auch beim Dach wurden bei näherer Untersuchung
größere Schäden festgestellt als ursprünglich eingeplant. Viele Details und Herausforderungen dieser außergewöhnlichen Baustelle am einzigen romanischen Profanbau Würzburgs (und weit über Würzburg hinaus) kann man in der Mai-Ausgabe des Rathaus-Magazins Eckart nachlesen (www.wuerzburg.de/eckart). Am Tag des Bürgerfests lieferten zudem Stadtheimatpfleger Hans Steidle und weitere Gästeführer bei Rundgängen viel Wissenswertes über den geschichtsträchtigen Bau, der vor 700 Jahren (dieses Jubiläum feierte man im vergangenen Jahr) in den Besitz der Stadt überging.
Noch heute gilt der Rathausturm als das Symbol bürgerlicher Freiheit, betonte Oberbürgermeister Schuchardt in seiner Festrede: „Der Grafeneckart steht für selbstbewusste Bürger, die ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen. Er erinnert uns aber auch daran, dass unsere heutige kommunale Selbstverwaltung alles andere als selbstverständlich ist. Sie ist das Ergebnis eines jahrhundertelangen harten Ringens, das große Opfer gekostet hat. Und so ist der Grafeneckart auch ein Mahnmal, für unsere kommunale Demokratie aktiv zu werden, um sie lebendig zu erhalten.“ Beide Festredner kamen auf den aktuellen Bürgerentscheid zum Kardinal-Faulhaber-Platz zu sprechen und warben unter der Linde bei der in großer Zahl versammelten Bür-gerschaft für eine hohe Wahlbeteiligung.
Bild: Blick aus der Augustinerstraße: Der Grafeneckart und das letzte Geheimnis um seine Fassade ist gelüftet. (Foto: Georg Wagenbrenner)