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Raketenstart statt Modellflieger

Würzburg – In Eigenregie eine Rakete ausstatten, das System programmieren und am Ende selbst den Auslöser für die Zündung drücken: Das haben schon einige Studierende, die an der Uni Würzburg im Studiengang Luft- und Raumfahrtinformatik eingeschrieben sind, getan.

Eine Premiere gab es jetzt: Erstmals waren die Modellraketen mit vier Antrieben ausgestattet – anstelle, wie bisher, nur mit einem. Der vierfache Schub steigerte die Flughöhe von 150 auf 600 Meter.

Bessere Bedingungen

Neu war in diesem Jahr auch die Kooperation mit dem Modellflugplatz Uengershausen. Dort dürfen Raketen auch in größere Höhen reisen. „Das verbessert die Bedingungen für die Messungen enorm“, erklärt Dozentin Ana Vodopivec.

In einem Praktikum haben vier Studierende im vergangenen Semester diese Raketen gebaut. Zum Einsatz kamen dabei handelsübliche Modellraketen, an denen nichts verändert werden durfte. Die Hauptaufgabe der Studierenden bestand darin, die Nutzlast in der Spitze der Rakete zu gestalten. „Wir haben spezielle Sensoren verbaut, die den Luftdruck, die Temperatur, die Beschleunigung, das Magnetfeld und die Drehrate messen“, erzählt Student Joachim Illmer.

Ziel des Experiments auf dem Uengershausener Flugplatz war ein Vergleich. „Wir haben vorher am Computer eine Simulation des Flugs erstellt. Diese Daten wollen wir dann mit den echten Messdaten der Modellrakete vergleichen“, erklärt Illmer. Ein Sender in der Rakete und eine Antenne am Boden sollten die Datenübertragung auf einen Laptop ermöglichen.

Spannung beim Start

Ob die Technik wirklich funktioniert, das zeigt sich allerdings erst außerhalb des Labors. Am 28. März war es soweit: Joachim Illmer, Kai Sommer und Max Röder waren dafür gemeinsam mit Praktikumsleiterin Ana Vodopivec und Professor Hakan Kayal nach Uengershausen gefahren. Urlaubsbedingt fehlte Kommilitone Jonas Lutz. Gespannt fieberte das Team dem Start entgegen. Auch für Dozentin Vodopivec war dieser erste größere Start auf dem Modellflugplatz etwas Besonderes: „Die Raketen steigen so hoch, dass wir sie bei der deutschen Flugsicherung anmelden mussten“.

15:59 Uhr: Die Rakete steht auf der Abschussrampe bereit. Max Röder bittet per Funk um Starterlaubnis. Auf den Zuschauerbänken macht sich Spannung breit.
16:00 Uhr: Die Starterlaubnis wird erteilt. Röder zählt den Countdown – drei – zwei – eins – und drückt den Knopf des Auslösers: Nichts passiert.
16:14 Uhr: Zweiter Versuch. Röder zählt und drückt: wieder nichts.
16:37 Uhr: Inzwischen haben sich viele Zuschauer der Rakete genähert. Besorgt kontrollieren die Studenten die Zündkabel. Dann startet der nächste Versuch. Röder zählt und drückt: auch diesmal ohne Erfolg. Schließlich findet Ana Vodopivec den Fehler: Das Kabel des Auslösers ist defekt.

Und dann, nach einer Dreiviertelstunde, war es endlich so weit: Die erste Rakete flog von Hand gezündet gen Himmel. Keine drei Sekunden brannte das Schwarzpulver. Dementsprechend schnell hob die 77 Zentimeter große Rakete von der Startrampe ab. Mit einem kurzen Zischen und einer Geschwindigkeit von in der Spitze 550 Kilometern pro Stunde schoss sie, ähnlich einem Feuerwerkskörper, in die Höhe. Schon nach wenigen Sekunden hatte sie den höchsten Punkt erreicht und machte sich auf den Rückweg zur Erde. Der erfolgte ungebremst, weil sich der Fallschirm nicht entfaltet hatte. Dementsprechend schlug sie mit voller Wucht in den Boden ein.

Erfolgreiche Mission

Noch zwei Raketen wollte das Team an diesem Nachmittag in Uengershausen in den Himmel schießen. „Für den Fall, dass etwas schief geht, benötigt man immer eine zweite, exakte Nachbildung der eigentlichen Rakete“, erklärt Hakan Kayal, Professor für Raumfahrttechnik an der Universität Würzburg. Gemeinsam mit Ana Vodopivec hatte er das Raketenpraktikum betreut. Auch bei der zweiten Rakete verlief der Flug nicht fehlerfrei: Aufgrund starker Windböen landete sie im angrenzenden Waldgebiet.

Zur Freude der drei Studenten verlief der Flug der dritten Rakete dann einwandfrei. „Wir haben hier einen echten Bilderbuchstart gesehen“, kommentierte Kayal. Und auch die circa dreißig Zuschauer waren begeistert. „Der Fallschirm hat sich fehlerfrei entfaltet und auch die Datenübertragung hat lückenlos funktioniert“, berichtet Illmer, der das Signal am Laptop verfolgt hatte.

Bis zum Start des Sommersemesters 2017 Ende April wollen die vier Kommilitonen die erworbenen Daten auswerten und in einem kleinen Projektbericht zusammenfassen.

Erfahrung fürs Leben

„Es hat nicht sofort alles geklappt, aber das ist die Realität. Die Studenten haben heute etwas fürs Leben gelernt“, schloss Professor Kayal. Denn trotz Trockenübung im Voraus zeige sich erst in der Praxis, wie gut das Team zusammenarbeite und wie flexibel es sei. Besonders im Lebenslauf mache sich solch eine praktische Erfahrung gut. „Und Spaß gemacht hat es den Studenten auch“, weiß Ana Vodopivec.


Bild: Von einer kleinen Rampe startet die Rakete mit 153 Metern pro Sekunde. (Foto: Lena Köster)

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